Karmin (E120), auch bekannt als Echtes Karmin, Karminsäure oder Cochenille, ist unter den Lebensmittelzusatzstoffen der einzige Farbstoff tierischen Herkunfts. Gewonnen wird es durch Extraktion aus weiblichen Schildläusen und vergibt dem jeweiligen Produkt eine leicht bis leuchtend rote Farbe
Gewinnung
Für die Gewinnung der Farbe werden die weiblichen Cochenille-Schildläuse erstmals getrocknet. Diese leben auf einer bestimmten Kaktusart in Mittelamerika und werden hauptsächlich in Mexiko in Plantagen gezüchtet und aufgesammelt. Um den Stoff Karminsäure aus den Läusen zu gewinnen, werden diese durch Extraktion mit Hilfe von Wasser und Schwefelsäure zum Kochen gebracht. Anschließend wird die feste Karminsäure mit Aluminiumsalzen auskristallisiert und es entsteht der rote Farbstoff Karmin. Wichtig zu erwähnen ist, dass nicht das Blut selbst die rote Farbe liefert, sondern es handelt sich um die Karminsäure, die im Körper der Laus produziert wird. Für ein Kilogramm werden etwa 150-160 Tausend Schildläuse benötigt. Eine synthetische Herstellung von Karmin ist ebenfalls möglich und wird als Cochenillerot A (E124) angegeben.
Verwendung
In der Lebensmittelindustrie wird Karmin häufig als Farbstoff bei Süßigkeiten, Speiseeis, Wurst, Backartikeln, Fruchtsäften, Energy-Drinks oder in anderen Lebensmitteln eingesetzt.
Auch kann es in der Kosmetik- und Arzneimittelindustrie zum Färben von Lippenstiften, Medikamenten oder auch Textilien verwendet werden.
Sofern Karmin als Farbstoff in der Lebensmittelbranche eingesetzt wird, muss es in der Zutatenliste entweder mit seinem Namen oder mit seiner E-Nummer angegeben werden.
Eine Alternative zu dem tierischen Farbstoff wären beispielsweise eine synthetische Herstellung als Cochenillerot A (E124), Rote-Beete-Saft oder Alkannin (ein Farbstoff aus der Alkanninwurzel).
Sicherheitshinweise
Karmin kann bei empfindlichen Personen zu Pseudoallergien in Form von Hautausschlag, Hyperaktivität, Asthma, Schlafstörung, Atemwegsbeschwerden oder verschwommenem Sehvermögen führen.
Die erlaubte Tagesdosis (ADI-Wert) von Karmin liegt bei 5 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Der ADI-Wert gibt die tägliche Menge eines Stoffes an, die über die ganze Lebenszeit ohne gesundheitliche Risiken gegessen werden kann.
Ist Karmin halal?
Der Farbstoff Karmin wird in den vier sunnitischen Rechtsschulen unterschiedlich bewertet.
Malikiten: Die malikitischen Gelehrten stufen Karmin als halal ein, da es keinen eindeutigen Beweis (Offenbarungstext) im Koran und in der Sunna eines Verbotes von Insekten gibt. Zudem stützen sie sich auf folgenden Hadis:
„Von Milkâm bin Tâlib wird überliefert: ‚Ich war mit dem Gesandten Allahs befreundet und habe an seinen Gesprächen teilgenommen, jedoch habe ich nicht mitbekommen, dass er den Verzehr von Insekten verboten hat.“[1]
Die Fatwa-Räte der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) und der Diyanet vertreten
in Einklang mit dem MUI-Standard ebenfalls die Ansicht, dass Karmin nicht als haram eingestuft werden kann, solange der Verzehr keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen hat. Die Räte begründen ihre Einschätzung wie folgt: Karmin wird nicht aus dem Blut, sondern aus der im Körper der Läuse gebildeten Karminsäure gewonnen. Aufgrund der chemischen Verfahren im Produktionsprozess findet eine vollständige Zustandsänderung (Istihâla) statt, wodurch sich der Ausgangsstoff in eine neue und reine Substanz verwandelt.
Hanafiten, Schafiiten und Hanbaliten: Da sie die Insekten zu der Gruppe der Habais zählen verbieten sie den Verzehr „ekelerregender“ Insekten, wie beispielsweise Läusen. Deshalb stufen sie das echte Karmin als haram ein
Einige andere Gelehrte schließen sich den Malikiten an und bewerten Karmin aufgrund der vollständigen Zustandsänderung der Laus nicht als haram.
Über die Einstufung von echtem Karmin besteht unter den Gelehrten kein Konsens. Jeder muslimische Verbraucher muss demnach selbst entscheiden, ob er Karmin tierischen Ursprungs verzehren möchte oder nicht, und sich ggf. mit einem Gelehrten seines Vertrauens beraten. Da Karmin überdies im Verdacht steht Allergien auszulösen, sollten gesundheitlich beeinträchtige Menschen Alternativen vorziehen.
[1] Abû Dâwûd, A‘tima, 30
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